das ist der aktuelle Werbeslogan der Region Stettiner Haff. Dieses Segel-revier, südlich der Inseln Usedom und Wolin gelegen, erstreckt sich mit seinen Nebengewässern über 52 km in Ost-West-Richtung und über 22 km von Nord nach Süd. Hier begann und endete unsere Segelreise mit der „Greif von Ueckermünde“.

Kathrin hatte es übernommen, die 12köpfige Crew zusammenzustellen – hauptsächlich aus Mitgliedern des Fanfarenzuges. Bis zur letzten Minute gab es Zusagen, Absagen, „vielleicht“, „vielleicht doch nicht“.

Am 12.7. ging es dann endlich los. Als wir in Uecker- münde ankamen, hatte die Stammbesatzung (Schiffsführer Eckhard Budy und Steuermann Rolf Hilbig) das Schiff von der vorherigen Mannschaft übernommen und Kathrin und Trici die Verpflegung gekauft. Wir brauchten also nur noch unser Gepäck an Bord bringen und waren bereit zum Ablegen. Doch zuvor besuchten wir noch das Stadtfest in Ueckermünde.

Leider fanden wir den Rückweg nicht mehr und irrten ziemlich hilflos durch die Nacht. Ein freundlicher Angler brachte uns gegen 2.00 Uhr morgens mit seinem Pickup ins ZERUM.

Um vom Stettiner Haff die Ostsee zu erreichen, fuhren wir am nächsten Tag den Peenestrom, der die Insel Usedom vom Festland trennt, in Richtung Norden. Zwei Brücken hatten wir zu passieren: Zecherin und Wolgast.

Da wir mit unseren Segelmasten zu hoch waren, mussten wir warten, bis die Brücken geöffnet wurden. Über Wolgast und Peenemünde führte der Wasser- weg am ersten Tag nach Kröslin, dem Eingangstor zur Ostsee.

Nicht zum ersten mal bestand die Crew aus Mitgliedern des FZ. Einige hatten schon auf vergangenen Fahrten Erfahrungen gesammelt. Trotzdem ist eine Einweisung in die wichtigsten Manöver (An- und Ablegen, Segel setzen und einholen, Rettungsmittel, Ausrüstung auf und unter Deck) wichtig.

Wir nutzten das schöne Wetter und die ruhige Fahrt, um uns auf kommende Aufgaben vorzubereiten. Dazu gehörte das Erlernen der wichtigsten Seemannsknoten.

Diesen Knoten, die seit Jahrhunderten auf Schiffen verwendet werden, ist gemeinsam, dass sie unter Belastung fester werden und sich trotzdem leicht lösen lassen. Das sieht nicht schwer aus, aber es muss oft geübt werden, wenn es dann z.B. beim Anlegen sicher angewendet werden muss.

Außerdem versuchten wir uns schon mal in seemännischer Ausdrucksweise.
Aus links wurde Backbord, aus rechts Steuerbord. Hinten hieß jetzt achtern. Achtern befindet sich übrigens die Achterpiek, ein Stauraum, in dem auf der Greif die Getränke gelagert werden.

Verantwortlich für diesen kleinen Verschlag war für die Dauer der Fahrt Clemens. Neben der Verwaltung der Vorräte hatte diese Zuständigkeit noch einen zweiten wichtigen Grund: Die Achterpiek ist nur über eine Art Falltür zugänglich, in die möglichst keiner fallen sollte. Deshalb wurde die Begehung stets mit „Achterpiek offen“ angekündigt.

Auch Franzi hatte eine besondere Aufgabe erhalten, sie führte das Logbuch.

„Ein Logbuch zu führen, heißt nicht nur, für eine schöne Erinnerung am Ende eines Törns zu sorgen, sondern ist bekanntlich auch Pflicht für alle Fahrten außerhalb der Binnenschifffahrtsstraßen.“ heißt es im Vorwort dieses interessanten Büchleins.

Hier wird eingetragen, was wichtig ist: Wetter, Windrichtung und –stärke, Kurs, gesetzte Segel, Manöver, technische und Verbrauchskontrollen.

Für die Navigation war Rolf zuständig. Er verbrachte die meiste Zeit auf See über Seekarten und Kartenplotter gebeugt. Wer glaubt, man könne auf See einfach drauf-los fahren, irrt. Windrichtung und gefährliche Untiefen erfordern ebenso wie Naturschutz- und Sperrgebiete ein exaktes Navigieren.

Die Crew hilft beim Segelsetzen und –einholen, An- und Ablegemanövern, schrubbt gelegentlich das Deck und putzt die Messingglocke.

Und nicht zu vergessen: Der Dienst in der Kombüse (Küche).
Die Hauptarbeit in diesem engen aber wichtigen Teil des Schiffes hatten Kathrin und Trici, lediglich den Abwasch erledigte die Crew abwechselnd.

Meine anfänglichen Befürchtungen, eine Woche von Schiffszwieback und Rum leben zu müssen, war unbegründet. Es gab jeden Tag ein leckeres Menue.

Anfangs war es nicht leicht, unsere Stammbesatzung zu unterscheiden: Rote Latzhosen, weißhaarig und von stattlichen Umfang verkörperten die jungen Matrosen von einst heute eine maritime Kompetenz, der man vertrauen kann und muss.

Am ersten Tag wurde noch nicht gesegelt.
Als Kathrin unterwegs meinte, das sei der angenehme Teil der Reise, überlegte ich, wie denn dann der unangenehme aussehen könnte. Das erfuhr ich schon am nächsten Tag. Da wurden alle Segel gesetzt, Groß, Fock, Klüver und Besan. Der Wind steigerte sich im Laufe des Vormittags von zwei auf sechs Stärken. Wir legten vorsichthalber die Rettungswesten an.

Unser Schiffsführer, der ja die Region um Rügen zur Genüge kannte, hätte den strammen Wind gern genutzt, um gleich mal bis Schweden zu segeln. Ich dagegen war froh, dass der Törn uns nur bis Lohme führte, einem kleinen geschützten Hafen nahe den Kreidefelsen der Insel Rügen. Auf die restlichen sechs Stunden Schaukelei konnte ich an diesem Tag gern verzichten. Außerdem stand für mich fest, dass ich für den Rest der Reise auf das Mittagessen verzichten würde. Wer schon mal Seekrank war, weiß, was ich meine.

Rein in den Hafen, alle Leinen fest und fertig – so sieht das durchschnittliche Anlegemanöver aus. Die Greif wird auf Grund ihrer Größe meist längs zur Pier festgemacht. Vier Leinen sichern das Schiff: Vor- und Achterspring verhindern, dass sich das Schiff längs bewegt. Bug- und Heckleine sorgen für den korrekten Abstand und die parallele Lage zur Pier.

Rundtörn, Achten, Kopfschlag – diese drei Worte sollte sich jeder, der an Bord eines Schiffes geht, wie ein Mantra einprägen. Denn auch der Gelegenheitssegler kann beim Hafenmanöver in die Verlegenheit geraten, einen Festmacher in die Hand zu bekommen.

Ein Teil der Crew versucht unterdessen mit Hilfe luftgefüllter Schläuche (Fender) das Schiff von der Pier abzuhalten und so den Rumpf vor Beschädigungen zu schützen.

Von Lohme ging es am Dienstag über Kap Arkona, vorbei an der Insel Hiddensee, nach Stralsund. Schon von weitem fielen zwei Sehenswürdigkeiten ins Auge: Das neu erbaute Meeresaquarium und die Dreimastbark „Gorch Fock „(1).

Im Jahre 1933 wurde das Schiff vom Stapel gelassen. Nach nach nur 12 Jahren Nutzung als Segel-schulschiff versenkte die Wehrmacht die Bark 1945 im Strelasund. Das Wrack wurde 1947 geborgen und wiederhergestellt. In der Folgezeit segelte die Bark über 40 Jahre unter dem Namen „Towarischtsch“ und sowjetischer Flagge.

Natürlich besichtigten wir das Schiff. Überall fanden wir robuste russische Technik, Hinweisschilder in Russisch und sogar ein Gorbatschow-Porträt in der Kapitänskajüte. Ob das Schiff je wieder in See stechen wird, ist angesichts fehlender finanzieller Mittel ungewiss.

Noch am Abend bummelten wir durch Stralsunds Altstadt, die bereits 1962 zum Flächendenkmal erklärt wurde und heute UNESCO-Welterbestadt ist. Auffällig ist das erst wenige Tage zuvor eingeweihte Ozeaneum. Vierzig zum Teil riesige Meeresaquarien in vier Gebäuden sollen den Besuchern die Unterwasserwelt der nördlichen Meere nahebringen. Trotz der beträchtlichen Eintrittspreise warteten am nächsten Vormittag hunderte Besucher auf Einlass.

Am Mittwoch hatten wir uns mit dem Ablegen in Stralsund Zeit gelassen. Der geplante Törn nach Gager war nicht allzu lang. Als es dann soweit war, befanden wir uns in einem Pulk von Segel-booten, die wie wir auf die Öffnung der Brücke warteten.

Beim Auslaufen konnten wir noch einen Blick auf die „Stettin“ werfen, den vermutlich letzten kohlebefeuerten Dampfeisbrecher. Als Museumsschiff befährt er die Nord- und Ostsee, weithin erkennbar an seinem markanten Schornstein und den schwarzen Rauchwolken. Gleich darauf richtete sich unsere Aufmerksamkeit auf die neue Rügenbrücke.

Ziel dieses vierten Tages unserer Reise war der Greifswalder Bodden. Im Biosphärenreservat Südost-Rügen befindet sich ein kleiner Hafen, den Segler von jeher gern ansteuern – Gager. Nicht weit davon, aber auf Seeseite liegen die bekannten Seebäder Göhren, Binz und Prora.

Der Naturhafen Gager gilt als ruhiger, fast einsamer Liegeplatz.

Am nächsten Tag verließen wir den Bodden und segelten um die Greifswalder Oie herum in die pommersche Bucht.

Hier fand der erste Start der neuen A3-Rakete am 4. De-zember 1937 statt, bevor Peenemünde das Zentrum derartiger Versuche wurde.

Steuerbord lag die Insel Usedom mit ihren bekannten Badeorten. Ziel des Tages war Swinemünde, das gleich hinter den sogenannten Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck liegt. Sonnenschein, erträglicher Wellengang und guter Segelwind von 4-5 Stärken – so macht das Segeln Spaß. Wer wollte, konnte sich von Rolf das Navigieren erklären lassen oder mit Hilfe des Sextanten Entfernungen ermitteln.

Zum Schluß schlief der Wind fast ganz ein und wir hatten Gelegenheit, auch mal den Blister zu setzen.

Der Blister – auch Gennaker genannt – ist ein großes bauchiges, dreieckiges Vorsegel, das aus relativ leichtem Segeltuch hergestellt wird und allein so viel Fläche aufweist, wie alle anderen Segel zusammen.

Kurz vor Swinemünde bargen wir die Segel und starteten den Motor.

Bei der Ansteuerung der Hafeneinfahrt half die Mühlenbake, die angeblich nach einem Entwurf Schinkels gebaut wurde.

Swinemünde ist mit 45000 Einwohnern die größte Stadt auf Usedom, gleichzeitig Seebad, Hafen-, Werft- und Kreisstadt.

Seit dem 21. Dezember 2007 ist Polen ein „Schengen-Land“. Lästige Grenzkontrollen gehören damit der Vergangenheit an. Also können wir unbeschwert im Yachthafen einlaufen. Das reifenbestückte ehem.Werftbecken sieht nicht sehr einladend aus und als wir kurz vor 18.00 Uhr an der Tankstelle festmachen, zeigt uns der Tankwart mit Gesten, dass er in 5min Feierabend hat.

Es gab also an diesem Tag keinen Treibstoff mehr und kopfschüttelnd suchen wir uns einen Liegeplatz an der Pier.

Swinemünde war einst das preußische Ostseebad schlechthin. Dort trafen sich alle, die Geld, Rang und Namen hatten. Besuche des Kaisers waren keine Seltenheit, denn die Jacht „Hohenzollern“ (Bildmitte) hatte hier ihren Liegeplatz. Gleichzeitig war Swinemünde militärischer Standort und hat so manchen Flottenbesuch erlebt.

Ähnlich wie Dresden wurde Swinemünde durch einen sinnlosen angloamerikanischen Bombenangriff am 12.März 1945 zerstört. Sucht man heute nach Spuren dieser Vergangenheit, muss man schon sehr genau hinschauen.

Am Rand des Hafenbeckens stehen ein alter Kran und ein Dampfhammer. Auf beiden kann man noch die Buchstaben D.R.G.M. (Deutsches Reichsgebrauchsmuster) entziffern. Einige der alten Klinker-bauten ringsum brauchten dringend eine Komplettsanierung. Immerhin gibt es ein neues Sanitärgebäude mit ausreichend vielen Duschen.

Neben uns liegen viele andere Boote: Vom Traditionssegler über moderne Yachten mit jedem erdenklichen Komfort bis hin zum Segelschulschiff war alles vertreten.

Am abendlichen Erkundungsspaziergang durch die Hafenumgebung konnte ich leider nicht teilnehmen, denn an diesem Tag hatte ich Backschaft (Küchendienst). Zum Abend gab es Schupfnudeln und der Abwasch für 14 Personen dauerte etwas länger, wie das bei ungewohnten Tätigkeiten eben so ist.

Es war unser letzter Abend an Bord. Auf dem Achterdeck versammelt ließen wir die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren.

Es ist ein hohes Maß an Disziplin, gegenseitiger Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft erforderlich, um eine Woche auf engbegrenzten Raum zu leben und Spaß dabei zu finden.

Am nächsten Morgen versuchten wir erneut unser Glück an der Hafentankstelle. Gerade rechtzeitig vor der Frühstückspause des Tankwarts konnten wir den benötigten Diesel nachfüllen.

Zu den Traditionen der Schifffahrt gehört die Flaggenführung. Neben der eigenen Nationalflagge muss die des Gastlandes geführt werden. Weitere Flaggen zeigen z.B. welche Länder während eines Törns befahren wurden, wo sich der Heimathafen befindet oder dass man in Kürze ablegen will.

Dass unsere Besatzung größtenteils aus Sachsen kam, konnte der interessierte Beobachter ebenfalls der Flaggenführung entnehmen. Nur ein Hinweis auf den Fanfarenzug fehlte leider, er hätte an die Mastspitze gehört.

Am nächsten Tag geht es dann zurück nach Ueckermünde. Wir verlassen Swinemünde durch den Kanal Piastowski. So heißt seit 1945 der 1875 bis 1880 als „Kaiserfahrt“ erbaute Kanal, der Swine und Stettiner Haff miteinander verbindet.

Kurz vor dem Ort Karsibor (Kaseburg) findet man ein Überbleibsel des Krieges, den ehemalige Schnellboothafen (oft auch als „U-Boot-Hafen“ bezeichnet). Hier war 1944 die 4. Schulungsflotte der Kriegsmarine stationiert.

Als wir am Freitag-Nachmittag Ueckermünde erreichten, waren unsere Gedanken schon auf die Heimfahrt gerichtet. Es wird eine Zeit dauern, bis die vielen Eindrücke dieser Segelreise verarbeitet sind.

Fanfarenzug Dresden e.V.