In diesem Jahr fuhr die “Greif von Ueckermünde” das vierte Jahr in Folge zur Hanse Sail nach Rostock. Wie bereits im Vorjahr nahmen wieder Jugendliche des Projektes “Kreuzkurs” und der Fortbildungskurs der Steuerleute an dem großen Ereignis teil.

Die Reise begann am 31.7.03 am Nachmittag. Die guten Vorbereitungen ermöglichten einen pünktlichen Start.

Im Transit über Swinemünde führen wir bei leichtem Wind mit Ziel Bornholm. Hammerhavn. Der leichte Wind verließ uns im Laufe der Fahrt, und wir mussten den Motor zur Hilfe nehmen, um Hammerhavn zu erreichen. Auf Grund der Wettersituation entschlossen wir uns aber noch abends zur Weiterfahrt. Erst wieder mit Motor. Nachts kam dann wieder ein Hauch von Wind, mit dem wir fast bis nach Karlskrona kamen. Im morgendlichen Nebel lotsten wir uns in die Einfahrt.

Diesmal waren wir so zeitig da, sodass wir am “Kapitänsempfang” teilnehmen konnten. Hier erfuhren wir auch, dass wir wieder in der Klasse D, Yachten, starten sollten. Leider hatte man noch keine gute Lösung gefunden. So starteten wir gegen 6 Yachten.

Start war Sonntag um 16.45 Uhr. Zuvor musste Henry wieder in den Mast. Die Klüverfallrolle klemmte, was wir aber beheben konnten.
Leichter Wind aus SW erforderte eine ähnliche Taktik wie vor 2 Jahren. Wir hielten uns etwas an die Khersones. Die Winddrehungen konnten wir gut nutzen, sodass wir im Bornholmsgatt wieder gut die Tonne Arkona ansteuern konnten. Zuvor mussten wir im Bornholmsgatt noch einem rüpelhaften Containerschiff ausweichen. Er funzelte uns mit dem Scheinwerfer an, dann rief er uns über Funk an, ohne sich mit Namen zu melden. Als es eng wurde, blendete er uns mit seinem Scheinwerfer, bis ich ihn über Funk beschimpft habe. Wir waren im Recht: richtige Seite im Bornholmsgatt und Segelschiff.
Nach Erreichen der Tonne Arkona flaute der Wind immer mehr ab, sodass die Yachten mit dem leichten Wind davon liefen. Wir konnten gut die Richtung zum Darßer Ort nehmen. Aber der Wind schlief vor Hiddensee gänzlich ein. Die Nachtwache musste dann ankern, damit wir nicht zurück getrieben wurden. Morgens gegen halb 6 kam der Hauch wieder und am späten Nachmittag des Dienstages konnten wir als 7. Schiff gesamt und als 6. bei den Yachten die Ziellinie vor Warnemünde queren. In unserer Klasse waren wir Zweiter geworden. Bei den leichten Winden hat uns die alte Baumwollgenua sehr gute Dienste geleistet.

Dienstag war Ruhe und wieder ein Abendessen im Kartoffelhaus angesagt.
Mittwoch fuhren wir zum Baden vor Markgrafenheide. Donnerstag segelten wir etwas vor Warnemünde hin und her, da die Hitze in Rostock nicht auszuhalten war.

Donnerstagabend war die Siegerehrung zur Hiortenregatta, die in der Hochschule für Musik stattfand. Diesmal konnten 2 Personen teilnehmen. Das Programm war nicht umwerfend. Aber wir erhielten eine Teilnehmerprämie von 400 € als Gutschein.

Am Freitag hatten wir die ersten Gäste an Bord; Carsten mit seinen Frauen und Mannen von “Lantec”. Wir konnten ihnen einen schönen Segelnachmittag bieten.

Sonnabend und Sonntag hatten wir, wie im letzten Jahr, die STRABAG-Leute zu Gast. Am Sonnabend fuhren wir mit ihnen die Regatta der Traditionssegler. Diesmal wurde eine Klasse “historischer Yachten” ausprobiert und wir fuhren als vierter Start gegen 2 andere Ketschen etwa ähnlicher Größe. Damit konnten wir leben und belegten den 3. Platz.

Am Sonnabendabend wechselte dann die Crew am Speicher, der sich im Umbau befindet. Der Sonntag war mit unseren Gästen ein ruhiger Segeltag vor Warnemünde. Abends waren wir zum Essen im “Zum Alten Fritz” eingeladen und sehr verwöhnt worden.

Montags legten wir nach dem Auffüllen der Vorräte ab und richteten unseren Kurs zur See. Erst kreuzten wir bei drehenden leichten Winden vor Warnemünde umher, bis wir eine stetige Brise bekamen, die uns mit einem Schlag nach Bornholm brachte, wo wir Dienstag eintrafen. Mittwoch wollten wir mit Etappenziel Hammerhavn eine Bornholmumrundung starten, wozu es nicht mehr kam. Nachdem wir in Hammerhavn angelegt hatten, frischte der Wind auf. Am nächsten Tag wehte er bereits stark aus West, dass an Auslaufen nicht zu denken war. Nach Besichtigung der Burgruine mussten wir weitergehende Sicherungsmaßnahmen vornehmen, da der Schwell immer stärker wurde. Der Wetterbericht, den wir zuletzt im Hafen ablesen konnten, sagte nun Sturm bis 10 Bft voraus. Wir brachten alle Leinen und Fender aus. Besorgten uns zusätzlich noch Autoreifen vom Fischer. Nachtwachen wurden eingeteilt, die ständig die Leinen kontrollierten, insbesondere auf Durchscheuern. Das Schiff arbeitete schwer im Schwell des Hafens. Über die Mole gischte die See, teilweise bis 10 m hoch. Auch am nächsten Tag war an Auslaufen nicht zu denken. Den ganzen Tag mussten wir wachen. Alle Scheuerstellen wurden mit Persenning umwickelt, um die Schäden gering zu halten. Keine Leine ist gerissen!

Am Freitagabend wurde eine Abnahme des Sturmes prognostiziert. Wir trafen Vorbereitungen zum Auslaufen: Leinen und Fender so ordnen, dass wir sie zum Ablegen in der richtigen Reihenfolge abnehmen konnten. Dann wurde der große Klüver abgeschlagen und das Großsegel gerefft.
Mit Hilfe des dänischen Wetterberichtes erfuhren wir von einer Abschwächung des Windes von 6 bis 4 Windstärken in den Morgenstunden, nur den genauen Zeitpunkt wusste keiner. Da die See immer noch genau auf die nicht sehr breite und schlecht beleuchtete Hafeneinfahrt stand, entschlossen wir uns mit Sonnenaufgang in Bereitschaft zum Auslaufen zu halten. Die Leinenwache beobachtete die Windentwicklung. Um 4 Uhr morgens wurde die Mannschaft geweckt. Um 4.40 Uhr liefen wir aus. Der Wind war um 4 bis 5. Wichtiger war jedoch, dass die Welle sich abgeschwächt hatte und somit der Druck auf die Hafeneinfahrt nachgelassen hatte. Im Hafenbecken nahmen wir volle Fahrt auf und konnten problemlos den Hafen verlassen. Nach einer halben Meile gegen den nordwestlich drehenden Wind setzten wir die Segel: Klüver, Fock und gerefftes Groß. Kurz danach fing der Wind wieder an aufzufrischen. Wir hatten den richtigen Zeitpunkt gewählt!
Mit durchschnittlich 7 bis 8 Knoten erreichten wir am Nachmittag Swinemünde und gegen 20 Uhr das ZERUM. Hier wartete schon die Nachfolgecrew, weil eigentlich um 16 Uhr Übergabe war. Die diesjährige Hanse Sail Tour war für mich als Schiffsführer, vor allem bei der Rückfahrt, eine neue Herausforderung. Das Abwettern eines Sturmes im Hafen erlebt man nicht alle Tage und es war in dieser extremen Form auch für mich neu. Letztendlich sind wir wohlbehalten mit einem heilen Schiff wieder in den Heimathafen gekommen.

Allen Beteiligten der beiden Törne danke ich für das Mitwirken. Hervorheben möchte ich den Einsatz während des Sturmes im Hammerhavn. Es war für alle eine hohe Belastung und ungewöhnliche Situation. Ich freue mich schon auf die nächste Hanse Sail.

Michail Freitag Berlin, 21.08.2003
Schiffsführer